Lista Team Information
The Drivers - Fredy Lienhard and Didier Theys
Gentleman-Driver mit
grosser Leidenschaft
Ein Bericht von Peter Voncken für die FRCinfo 1/2004 des Formel Rennsport
Clubs Schweiz
Er ist einer der erfolgreichsten Unternehmer der Schweiz und nicht ihr schlechtester Rennfahrer: Fredy Lienhard leitet seit über 30 Jahren die weltbekannte Firma Lista im thurgauischen Erlen, Marktführer bei Werkstattschränken, Betriebs- und Lagereinrichtungen auf höchstem technischen und qualitativen Niveau. Und seit über 40 Jahren startet der 1947 in Herisau geborene Vater eines Sohnes (Fredy jr., 24) und zweier Töchter (Franziska, 25 und Claudia, 21) regelmässig im Automobilsport, dem seine grösste Leidenschaft gilt.
Es gibt kaum eine Rennauto-Kategorie,
bei der Lienhard nicht ins Lenkrad griff: Selbst gebaute Karts, Tourenwagen,
HAS-Formel-V- und Super-V, Porsche Carrera RSR, March-BMW-Sportwagen,
March-BMW-Formel-2, March- und Reynard-Formel 3000, Lola-CanAm-Sportwagen,
Ferrari 333, Crawford-Judd, Dallara-Judd und Doran-Lexus. Lienhards grösster
sportlicher Erfolg liegt erst gut zwei Jahre zurück: Als 54-Jähriger erzielte
der Schweizer den Gesamtsieg bei den 24 Stunden von Daytona: ,,Das ich das noch
erleben konnte in diesem Alter ist schon etwas ganz Spezielles." Aber auch ein
Rennen vor 21 Jahren bleibt ihm immer in guter Erinnerung: ,,Beim
Formel-2-EM-Lauf in Misano kam ich auf Rang 6 ins Ziel und holte damit den
letzten EM-Punkt für einen Schweizer Fahrer," schwärmt Lienhard noch heute. Der
Mann ist ein Phänomen: Sein wichtigstes Aufgabengebiet war stets die 1945 von
seinem Vater gegründete Stahlbaufirma, was ihm wenig Zeit liess, seinem Hobby
nach zu gehen. Wenn Fredy Lienhard aber an den Start ging, manchmal nur bei vier
oder fünf Rennen im Jahr, dann gewann er auch oder erzielte zumindest
Top-Platzierungen. Das gilt für die Formel-2-Ära zwischen 1976 und 1984,
besonders aber für die letzten zehn Jahre, in denen er Lista zum Weltmarktführer
im Segment Schubladen-Stahlschränke ausbaute und gleichzeitig beachtliche
Erfolge im Sportwagen erzielte, vor allem in den USA. Für den Chef von weltweit
rund 1200 Mitarbeitern in neun Ländern, die im vergangenen Jahr zusammen einen
Umsatz von knapp 300 Millionen Franken erwirtschafteten, ergänzen sich die
ungleichen Anforderungen als Verwaltungsratschef und als Rennfahrer: ,,lch
empfinde das nicht als Doppelbelastung, sondern würde sagen, das eine hilft dem
anderen. Ich hätte die Belastung als Chef eines Unternehmens weniger gut
vertragen, hätte ich nicht dieses Hobby gehabt. Dieser Sport hat mir einen
enormen Ausgleich gebracht und es gibt vieles, was parallel ist. Ich habe in
einem Bereich üben können, was mir im anderen Bereich nutzt: Körperliche
Fitness, die Einstellung, gewinnen zu wollen. Die Dimension, Mitarbeiter zu
motivieren und führen zu können, ist doch im Sport genau gleich. Wenn der Fahrer
seine Sache gut macht, dann gehen die Mechaniker für ihn durchs Feuer und genau
so ist es auch in einem Unternehmen." Neben den geschäftlichen und sportlichen
Erfolgen der letzten Jahrzehnte hat Fredy Lienhard nie die Nachwuchsförderung im
Motorsport aus den Augen verloren: Seit den Tagen des legendären
Lista-Racing-Teams, das er 1969 mit Markus Hotz, Bruno Wettstein und Oskar
Pfister gründete, gibt es bis heute kaum ein Schweizer Rennfahrzeug, auf dem
nicht das Lista-Signet klebt. Dabei hat der leidenschaftliche Motorsportler
immer an die Breite gedacht und nie an die Spitze: ,,Lista ist nicht Marlboro,
auf einem Formel-1-Rennwagen wird es nie einen Lista-Aufkleber geben, das steht
einfach in keinem Verhältnis. Wir treten aber als offizieller Ausrüster von
Teams auf und die haben wir auch gefördert. Aber im wesentlichen wurden auch
diese Lista-Produkte bezahlt, jüngstes Beispiel ist die neue Paragon-Fabrik von
McLaren, einer unserer grössten Aufträge. Wir haben mit dem Marktsegment Racing
bewiesen, dass man sehr wohl Marktanteile erreichen kann, wenn man sich auf ein
ganz bestimmtes Marktsegment ausrichtet. Der Bereich Racing hat uns sehr viel
gelehrt, das ist unser Kerngeschaft, das wir dann über Europa ausgebreitet
haben. Seit 1968 sind wir in den USA und wir haben da enorme Fortschritte
gemacht, man kennt Lista dort viel besser als vor zehn Jahren."
Fredy Lienhard, der perfekte Geschäftsmann und Racer: ,,Automobilsport ist eine
Faszination, die ein Leben bereichern kann. Wie im richtigen Leben liegen Erfolg
und Misserfolg, Hochs und Tiefs eng beieinander. Der dauernde Wille, besser zu
werden und Fortschritte zu erzielen, ist nicht nur eine Charakterschule, sondern
findet seine Bestätigung auch im wirtschaftlichen Leben. Durch den
Automobilsport habe ich gelernt zu kämpfen, an die Grenzen zu gehen, aber nie
darüber hinaus. Wer bei Autorennen sein Können überschätzt, fliegt früher oder
später von der Piste."
Fredy Lienhard: Über
40 Jahre aktiv im Motorsport
Geboren am 14. 9. 1947 in Herisau/AR, verheiratet mit Regula, drei Kinder
1959-62 | Seifenkistenrennen: Zweifacher WEGA-Sieger, Rang 2 und 5 |
1963-65 | Kart-Clubrennen und SM-Rennen, Eigenbau- und Birrel-Karts |
1965 | Erstes Rennen in Unteruhldingen/D - Austin Speedwell 1100 |
1966 | Erstes Bergrennen bei Neuchatel - Austin Speedwell 1100 |
1967 | Erstes Bergrennen Krenzerberg - Morris Cooper S (1. Pokal) |
1968 | Erstes nationales Bergrennen in Marchairuz - Morris Cooper S |
1969 | Sieg Slalom Lodrino, nationale Bergrennen - HAS-Formel V 1300 |
1970 | Tod von Vater Alfred. Übernahme der LISTA-GeschäftsIeitung |
1971 | Schweizer Rennwagen-Meisterschaft - HAS-Formel Super V |
1972 | 2. Internationales Rennen Estortl/P - HAS-Formel Super V |
1973 | Rennen mit Porsche 911 Carrera RSR 2.7, Gr. 4 |
1974 | Rennen Porsche 911 Carrera RS 3,0, Gr, 4, sieben Siege, drei 2, Plätze |
1975 | Schweizer Sportwagen-Meisterschaft: Gesamt-2., Siege Hockenheim und Misano, 2, Dijon, 4. Hembergrennen - March 75 S-BMW |
1976 | Rennwagen-SM: Siege Eggbergrennen und Zeltweg, zweimal 3. Dijon, Start F2-EM Vallelunga/l und Enna/- March 762-BMW-Formel 2 |
1977 | Sportwagen-SM: Sieg Hockenheim - March 75S-BMW Rennwagen-SM: Sieg Dijon - March 762-BMW-Formel 2 |
1978 | Rennwagen-SM: Siege Hockenheim, Dijon, Zeltweg - March 782-F2 |
1980 | Rennwagen-SM: 2. Hockenheim - March-BMW 782-Formel 2 |
1981 | Rennwagen-SM: Sieg Hockenheim - March 782-BMW-Formel 2 |
1982 | Rennwagen-SM: Zwei Starts Hockenheim - March 782-BMW-Formel 2 |
1983 | Formel-2-Europameisterschaft: 6. Misano/l, 10.
Enna-Pergusa/l Rennwagen-SM: Siege Monza, Misano, Hockenheim - March-782-F2 |
1984 | Rennwagen-SM: Sieg Hockenheim - March 782-BMW-Formel 2 |
1985 | Sportwagen-SM: Siege Misano, 3 Stundenrennen Hockenheim, 4. Bergrennen Oberhallau - Osella PA9-BMW |
1986 | Sportwagen-SM: Siege Dijon, Magny-Cours - Osella PA9-BMW |
1987 | Rennwagen-SM: Siege Dijon, Misano, Hockenheim - March-842-BMW-F2 |
1988 | Rennwagen-SM: Sieg Dijon, Zeltweg - March 842-BMW-Formel 2 |
1989 | Rennwagen-SM: Sieg Hockenheim, 2. Dijon - March-Cosworth-F3000, Sieg 3-Stundenrennen Hockenheim - Osella PA10-BMW |
1990 | Rennwagen-SM: Sieg Hockenheim - Reyrtard-Cosworth Formel 3000 |
1991 | Rennwagen-SM: 2. Hockenheim - Reynard-Cosworth-Formel 3000 |
1992 | Rennwagen-SM: 2. in Mugello -
Reynard-Cosworth-Formel 3000 Sportwagen-SM: Sieg in Hockenheim - Osella PA10-BMW |
1993 | Interserie: Gesamt-3., Sieg Siegerland, 2 Siege Donington - Horag-Lola-CanAm |
1994 | Interserie: Gesamt-3., Sieg Anderstorp, 2. Siegerland, 3. Misano, 2. Enna - Horag-Lola-CanAm, Bestellung Ferrari 333 SP |
1995 | Sieg Hockenheim, 7. Lime Rock/USA, 5. Sears Point/USA, 5. Mosport/CAN, 8. Phoenix/USA - Horag-Ferrari 333 SP |
1996 | Interserie: Sieg Brands Hatch - Horag-Lola
CanAm 5. Lime Rock, Watkins Glen, Sears Point- Doran-Ferrari 333 SP |
1997 | ISRS: Sieg Zolder/B, 2. Donington/GB -
Horag-Ferrari 333 SP IMSA: 2. Sebring, 5. Pikes Peak, Lagurta Seca, 6. Sears Point |
1998 | ISRS: Gesamt-2., Sieg Le Castellet/F, 5. Brünn,
3. Misano, 2. Donington, 2. Anderstorp, 2. Le Mans - Horag-Ferrari 333 SP
PSCR: 2. Lime Rock/USA, 3. Mosport/CAN - Doran-Ferrari 333 SP |
1999 | GrandAm: Sieg Lime Rock/USA, 8. 24 h Daytona, 8. Mosport/CAN, 9. Sears Point/USA, 8. Elkhart Lake - Doran-Lista-Ferrari 333 SP |
2000 | GrandAm: Gesamt-3., Sieg Elkhart Lake, 2. Lime Rock, 4. Phoenix, 5. Sebring - Doran-Ferrari-Judd 333 SP. Auszeichnung mit der BP-Trophy |
2001 | GrandAm: Siege Elkhart Lake und Watkins Glen, 4. Phoenix - Doran-Lista-Crawford-Judd; 26. Daytona 250 - Doran-Dallara-Judd |
2002 | GrandAm: Gesamt-2., Sieg 24h von Daytona, 2. Daytona 250, Sieg Mont-Tremblant/CAN - Doran-Lista-Dallara-Judd |
2003 | ALMS: 7. bei den 12h Sebring -
Doran-Lista-Dallara-MG-Judd GrandAm: 13. Mont-Tremblant/CAN - Doran JE4-Toyata |
2004 | Daytona Prototypes: siehe Results & Schedule... |
«Wichtig ist der Wille zum Sieg - im Sport wie in der Wirtschaft»
Lista-Chef Fredy Lienhard im Gespräch
Ein Bericht/ Interview von Stefan Millius für den LEADER, Ausgabe April/Mai
2004, Rubrik: LEADERGespräch
Er pflegt eine Kombination, die in der Wirtschaftswelt selten ist, doch der Erfolg gibt ihm Recht. Der Lista-Inhaber und Verwaltungsratspräsident Fredy Lienhard führt sein Unternehmen seit Jahrzehnten erfolgreich auf dem internationalen Markt und ist gleichzeitig leidenschaftlicher Automobilrennsportler. Fredy Lienhard über Investitionen in schwierigen Zeiten, den Respekt vor Mitarbeitenden und den Willen zum Sieg.
Sie sind Unternehmer,
Autorennfahrer, Sie unterstützen Sportvereine und treten als Kulturmäzen auf. In
welcher dieser Eigenschaften werden Sie am liebsten befragt?
Fredy Lienhard: Ich kann und will diese Rollen gar nicht auf diese Weise
trennen, ich betrachte sie ganzheitlich. Deshalb betone ich ja auch immer die
Parallelen zwischen Sport und Business, die sehr gut miteinander harmonieren.
Einen kurzen Videofilm über die Lista haben wir bewusst ‚Synergy and Energy‘
genannt. Zwischen dem Unternehmen und dem Motorsport gibt es zahlreiche
Synergien, gleichzeitig geben beide Bereiche dem jeweils anderen zusätzliche
Kraft, Energie.
Beginnen wir dennoch mit dem
Unternehmer Fredy Lienhard. Sie haben einmal gesagt, jeder solle das machen, was
er gerne tue und wofür er ein Talent habe. Als Unternehmer: Was tun Sie gerne,
und wo liegen Ihre Talente im Besonderen?
Das Wort ‚Unternehmer‘ sagt es ja eigentlich schon: Man unternimmt etwas, will
ein Werk schaffen, will Ergebnisse erzielen und Erfolg haben. Der Wille zur
Leistung muss vorhanden sein – als Unternehmer wie als Sportler. Wer diesen
Willen nicht aufbringt, der kann seine letzten Reserven nicht mobilisieren. Ich
habe auch immer wieder festgestellt: Wenn ich besonders stark motiviert bin,
unterlaufen mir weniger Fehler, ich bin konzentrierter. Was mich selbst angeht:
Ich komme aus einer Unternehmerfamilie und bin so aufgewachsen. Nach dem
plötzlichen frühen Tod meines Vaters musste ich gar nicht darüber nachdenken,
was ich jetzt zu tun hatte, ob ich das überhaupt kann oder nicht. Mir war klar,
dass ich hier einen Auftrag habe.
Sie waren 23 Jahre alt und noch
HSG-Student, als Sie die Nachfolge Ihres Vaters als Verwaltungsratspräsident der
Lista angetreten haben. Sind Sie schnell in diese Rolle gewachsen?
Das musste ganz einfach schnell geschehen. Ich habe sofort einen Verwaltungsrat
mit Personen formiert, denen ich vertrauen konnte. Damals gab es noch eine
Trennung, neben mir als Verwaltungsratspräsident war auch noch ein
Geschäftsführer im Amt. Dennoch habe ich mich aber nicht auf die Rolle im
Verwaltungsrat beschränkt, sondern damals schon viele Gespräche mit Mitarbeitern
und Kunden geführt und mich damit auf die Aufgabe der operativen Leitung
vorbereitet, die ich später ja auch übernommen habe. Dazu kamen natürlich die
Repräsentationsaufgaben, die ich als Vertreter der Unternehmerfamilie
wahrzunehmen hatte. Auf diese Weise konnte ich mich recht schnell in diese Welt
einarbeiten. Und das alles parallel zum Studium, wobei ich den Praxisbezug, den
ich gegenüber meinen Mitstudenten hatte, dabei immer als Vorteil empfunden habe.
Wie wurde der angehende Akademiker
in dem Unternehmen aufgenommen, das doch eher auf dem Wissen und Können von
Praktikern gründete?
Was mir von Seiten meiner Familie sehr stark mitgegeben wurde, war der Respekt
gegenüber den Mitarbeitenden. Das gehörte zur Familienkultur. So gelang es mir –
trotz eines Praxisrückstandes – akzeptiert zu werden, das Team zu motivieren und
für meine Ideen zu gewinnen. Der Stil der Zusammenarbeit und die Atmosphäre
untereinander sind sehr entscheidend – ob in einem Unternehmen oder in einem
Rennteam. Ich könnte auch gar nicht erfolgreich arbeiten in einem Umfeld, in dem
das nicht gegeben ist.
Was an der Geschichte der Lista
auffällt: In die Zeit nach Ihrer Übernahme der Firmenspitze fällt auch der
Ausbau des Unternehmens auf internationales Niveau.
Das ist so. Aber diese Entwicklung ist auch leicht nachvollziehbar. Mein Vater
war gelernter Schlosser, war sehr regional ausgerichtet und sprach neben Deutsch
nur noch etwas Französisch. Schliesslich musste er seine ganze Energie in den
Aufbau des Unternehmens stecken, und das ist ihm ja auch mit sehr viel Erfolg
gelungen. Die Lista hat zwar relativ früh Geschäfte mit Deutschland aufgenommen,
andere Länder kamen später dazu. Aber der Exportanteil lag zu jener Zeit
lediglich bei 25 Prozent, während er heute 60 Prozent beträgt. Und das, obschon
inzwischen ja neben dem Ursprungsgeschäft mit Betriebseinrichtungen noch der
Bereich Büromöbel dazu gekommen ist und wir dort in der Schweiz sehr stark sind.
Aber vor allem das Amerikageschäft habe ich nach meiner Übernahme bewusst
angekurbelt.
Die Lista hat wie die
Gesamtwirtschaft ein schwieriges Jahr 2003 hinter sich. Verschiedentlich war zu
lesen, Sie hätten Ihre Marktanteile dennoch vergrössert, weil die Konkurrenz
noch stärker geschrumpft sei.
Mit solchen Aussagen muss man sehr vorsichtig sein. Im Bereich Büromöbel kann
man die Marktanteile einigermassen verlässlich bestimmen. Da gibt es
entsprechendes Datenmaterial. Hier haben wir in den letzten zwei bis drei Jahren
keine enormen Marktanteile gewonnen. Das ist darauf zurückzuführen, dass wir mit
zwei neuen Möbelprogrammen etwas spät auf den Markt kamen. Und der Zeitpunkt ist
im Büromöbelbereich sehr entscheidend. Aber inzwischen sind wir wieder à jour,
und ich bin überzeugt, dass wir 2004 an Marktanteilen zulegen werden. Dafür
spricht auch die Tatsache, dass wir bereits zu Beginn des Jahres grosse Aufträge
gewonnen haben.
Und wie sieht es beim Kerngeschäft
mit Betriebseinrichtungen aus?
Dieser Bereich ist bei uns vor allem international von Bedeutung, und hier
glaube ich schon, dass wir auch in der Rezessionszeit an Marktanteilen zugelegt
haben – vor allem in Amerika. Dort hatten wir im vergangenen Jahr ein
zweistelliges Umsatzwachstum in Dollar. Ende 2002 haben wir zudem mit der
Übernahme einer Firma in Kanada einen wichtigen Schritt gemacht, der uns im
Sektor der technischen Arbeitsplatzsysteme weiter bringt.
Gleichzeitig haben Sie aber in
dieser schwierigen Zeit auch in der Schweiz Geld zum Ausbau und zur
Modernisierung investiert. War der Zeitpunkt Zufall oder bewusstes
antizyklisches Verhalten?
Unsere Stärke ist sicher die Kontinuität, mit der wir unabhängig von der
Konjunkturlage Projekte realisieren. Uns geht es nicht darum, möglichst schnell
Geld zu verdienen, sondern langfristig erfolgreiche Unternehmenswerte zu
schaffen. Konkret geht es in Ihrem Beispiel um die Modernisierung einer
Lackieranlage. Da sprechen wir von einem Betrag von mehreren Millionen Franken.
Diese Investition muss danach über 20 Jahre hinweg Haltbarkeit haben – ein sehr
langer Zeitraum heutzutage. Um das tun zu können, muss man einfach davon
überzeugt sein, die richtige langfristige Strategie zu besitzen. Und man muss
die Finanzen dazu haben. Wir haben immer darauf geachtet, über eine solide
Eigenfinanzierung zu verfügen, um eben auch in einer schlechteren Phase
investieren zu können.
Die Wirtschaft ist nach
verschiedenen Managerexzessen kurzzeitig in ein schiefes Licht geraten. Glauben
Sie, dass vor diesem Hintergrund den traditionellen Familienunternehmen wie der
Lista wieder mehr Bedeutung zukommen wird?
Familienunternehmen haben immer eine wichtige Rolle gespielt und werden das auch
in Zukunft tun. Das ist im Zusammenhang mit den angesprochenen Skandalen ganz
einfach etwas in den Hintergrund getreten. Inzwischen wird vielen Leuten wieder
bewusst, wie viele solid geführte Familienbetriebe es bei uns gibt und dass
nicht die ganze Wirtschaft aus Abzockern besteht. Exzesse gibt es überall –
wichtig ist einfach, dass sie korrigiert werden. In diesem Zusammenhang habe ich
grosses Vertrauen in den Markt. Der dämmt solche Exzesse früher oder später ein.
Die Unternehmen, die hier zu den schlechten Beispielen gehören, sind bekanntlich
auch am Markt gescheitert. Das hat ja dann auch dazu geführt, dass die Exzesse
bekannt wurden.
Der Markt ist für Sie ein
unbestechliches Messinstrument?
Wir müssen uns fragen: Wer ist denn der Markt? Wir alle, die einzelnen
Konsumenten zusammen genommen, bilden den Markt. Und das ist doch eigentlich ein
sehr demokratisches Gebilde. Ich habe Mühe mit Leuten, die den Markt verteufeln.
Ob in der Wirtschaft oder im Sport: Am Schluss ist doch entscheidend, wer
gewinnt. Nicki Lauda hat einmal in einer Diskussion darüber, weshalb ein
bestimmtes Team gewonnen hat, gesagt: "Sie haben gewonnen, also sind sie gut".
Dasselbe gilt für die Wirtschaft und damit ist der Markt eine ganz transparente
Angelegenheit.
Im Sport und im Unternehmen
profitieren Sie vielfach von den gleichen Eigenschaften, die Sie eingangs
erwähnt haben. Gibt es auch Charakterzüge, die Sie im Sport benötigen, die Ihnen
als Unternehmer aber im Weg stehen?
(Lacht) Diese Frage wurde mir noch nie gestellt. Grundsätzlich sehe ich schon
mehr wertvolle Synergien als Probleme. Ich würde es vielleicht so ausdrücken:
Wichtig ist einfach immer, dass man sich nicht verzettelt. Natürlich könnte ein
Konflikt entstehen, wenn ich beispielsweise zu viele Rennen fahren würde und
damit weniger Zeit für das Unternehmen hätte. Da muss man die richtige Balance
finden. Prioritäten zu setzen ist sehr wichtig, und erste Priorität hatte für
mich immer die Firma. Wenn ich an die letzten Jahrzehnte zurückdenke, erinnere
ich mich an viele Fälle, in denen ich Rennen absagte, weil ich geschäftliche
Termine wahrnehmen musste. Das hat aber auch dazu geführt, dass ich im Sport
nicht ganz so weit kommen konnte, wie es möglich gewesen wäre.
Haben Sie es jemals bereut, dass
Sie aufgrund der frühen Firmenübernahme nie ganz auf die Karte Sport setzen
konnten?
Nein, absolut nicht. Ich konnte mich zwar nie voll und ganz dem Autorennsport
widmen, aber durch diesen dosierten Einsatz war es mir auch möglich, viel länger
mit dabei zu sein. Ich treibe seit 40 Jahren Rennsport. Wäre das mein
eigentlicher Beruf geworden, hätte ich eine viel kürzere Zeitspanne lang
wirklich an der Spitze mitfahren können.
Sie machen auch keine Anstalten,
ihrer Rennkarriere ein Ende zu setzen.
Irgendwann kommt natürlich schon einmal eine Grenze, was das Alter
angeht. Entscheidend ist aber, dass der Sport immer noch Spass macht und nicht
zur Belastung wird. Und Spass machen kann es nur, wenn noch ein gewisser Erfolg
vorhanden ist. Langstreckenrennen zu fahren ist in sehr starkem Mass ein
Teamsport. Der Einfluss jedes Einzelnen ist gross. Daher sage ich ganz klar:
Wenn es das Team eines Tages nicht mehr aufs Podium schafft, weil ich zu langsam
bin oder zu viele Fehler mache, dann muss ich aufhören.
Zur Person
Fredy Lienhard führt seit über drei Jahrzehnten das Traditionsunternehmen Lista
mit Sitz im thurgauischen Erlen. Die international operierende Firma, die 1945
gegründet wurde, ist in den Bereichen Betriebs-, Lager- und Büroeinrichtungen
tätig. Produktionsstätten bestehen in der Schweiz, in Deutschland und den USA.
Lista ist Marktführer in der Schweiz; in Europa und Nordamerika wächst die
Bedeutung des Unternehmens konstant. Lienhard selbst macht auch als
Automobilrennsportler Furore. Sein Lista-Team hat bereits zahlreiche Siege in
verschiedenen bedeutenden Rennen in Amerika und Europa geholt. Der
Lista-Verwaltunsgratspräsident unterstützt zudem Nachwuchssportler und hat vor
kurzem mit privaten Geldern, aber im Namen der Firma, ein Aktienpaket der neuen
FC St.Gallen AG erworben.
Fredy Lienhard über den
Automobilrennsport
In den vergangenen Jahren hat sich Fredy Lienhard bei verschiedenen
Gelegenheiten immer wieder über die Parallelen zwischen dem Automobilrennsport
und Führungsaufgaben in der Wirtschaft gezogen. Ein Auszug aus Lienhards
Aufzeichnungen:
«Die Voraussetzungen, um eine gute Leistung zu erbringen, sind beim
Automobilrennsport und in der Wirtschaft sehr ähnlich. Ohne Teamwork geht es
weder beim einen noch beim anderen. Auch braucht es das beste Material und die
Mittel, um sich dieses zu beschaffen.»
«Und das Risiko, die Grenze. Weder beim Automobilrennsport noch als Unternehmer
kann man ohne Risikobereitschaft erfolgreich sein. Die Genfer Philosophin Jeanne
Hersch hat einmal gesagt, dass wir uns immer zwischen Sicherheit und Risiko
bewegen.»
«Durch Automobilsport habe ich gelernt zu kämpfen, an die Grenze zu gehen, aber
nie darüber hinaus. Wer beim Autorennen sein Können überschätzt, fliegt früher
oder später mit Sicherheit von der Piste»
pictures © by Lista, published
with official permission of Lista
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text "Gentleman-Driver mit
grosser Leidenschaft" and "Fredy Lienhard: Über
40 Jahre aktiv im Motorsport" © by Peter Voncken, FRCinfo
1/2004
-
text "«Wichtig ist der Wille zum Sieg - im Sport wie in der Wirtschaft»" © by
Stefan Millius, LEADER, Ausgabe April/Mai 2004